Die Geschichte des Trinkgeldes

    

Das Trinkgeld, auch als "Gratifikation" oder "Tip" bekannt, hat eine lange Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Ursprünglich war es eine Geste des Wohlwollens, bei der wohlhabende Bürger Bediensteten oder Dienstleistern eine kleine Geldsumme als Anerkennung für ihre Dienste gaben. Im Laufe der Zeit entwickelte sich das Trinkgeld zu einem festen Bestandteil der Dienstleistungsbranche, insbesondere in der Gastronomie. Heute ist es in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, üblich, dass Kunden Servicekräften wie Kellnern, Taxifahrern oder Friseuren ein Trinkgeld geben, um ihre Zufriedenheit auszudrücken.

    

In Deutschland ist das Trinkgeld jedoch nicht nur eine Frage der Höflichkeit, sondern auch ein steuerrechtliches Thema. Die Frage, ob Trinkgeld steuerfrei ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere davon, wie und unter welchen Bedingungen es gegeben wird. Dieser Artikel beleuchtet die steuerrechtlichen Aspekte des Trinkgeldes in Deutschland, unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Regelungen und der Herausforderungen bei der Kartenzahlung.

   

Trinkgeld und Steuerfreiheit: Grundsätzliche Regelungen

    

Gemäß § 3 Nr. 51 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Trinkgelder steuerfrei, wenn sie "anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist." Das bedeutet, dass Trinkgelder nur dann steuerfrei sind, wenn sie persönlich und freiwillig vom Kunden an den Arbeitnehmer überreicht werden und nicht Teil des regulären Arbeitslohns sind.

   

Persönlicher Bezug zwischen Kunde und Arbeitnehmer

    

Ein zentrales Kriterium für die Steuerfreiheit des Trinkgeldes ist der persönliche Bezug zwischen dem Kunden und dem Empfänger. Wenn das Trinkgeld direkt an den Arbeitnehmer gegeben wird, beispielsweise in Form von Bargeld, das der Kellner persönlich erhält, gilt es als steuerfrei. Dieser direkte Bezug ist entscheidend, da er sicherstellt, dass das Trinkgeld als freiwillige Zuwendung des Kunden und nicht als Teil des Arbeitsentgelts betrachtet wird.

   

Trinkgelddosen und kollektive Verteilung

    

Problematisch wird es, wenn das Trinkgeld nicht direkt an den Arbeitnehmer gegeben wird, sondern in eine gemeinsame Trinkgelddose oder ein Sparschwein eingeworfen wird, dessen Inhalt später unter den Mitarbeitern aufgeteilt wird. In diesem Fall fehlt der persönliche Bezug zwischen dem Kunden und dem Empfänger, und das Trinkgeld muss versteuert werden. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber das Trinkgeld einsammelt und später an die Mitarbeiter verteilt. Hier wird das Trinkgeld als Teil des Arbeitslohns betrachtet und unterliegt der Lohnsteuer und Sozialversicherungspflicht.

   

Bedienzuschäge und automatische Trinkgeldaufschläge

    

Ein weiterer Fall, in dem Trinkgelder nicht steuerfrei sind, ist, wenn sie von Unternehmensseite her eingepreist sind. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn auf der Speisekarte oder der Rechnung ein Bedienzuschlag von 15–20 % vermerkt ist. In diesem Fall wird das Trinkgeld nicht mehr als freiwillige Zuwendung des Kunden betrachtet, sondern als verpflichtender Bestandteil der Rechnung. Solche automatischen Trinkgeldaufschläge müssen versteuert werden, da sie nicht den Kriterien der Freiwilligkeit und des persönlichen Bezugs entsprechen.

   

Trinkgeld bei Kartenzahlung: Besondere Herausforderungen

    

In Zeiten zunehmender Digitalisierung wird das Trinkgeld immer häufiger per Kartenzahlung gegeben. Dies stellt sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber und das Finanzamt eine besondere Herausforderung dar. Denn bei der Kartenzahlung wird das Trinkgeld zusammen mit dem Rechnungsbetrag auf das Konto des Unternehmens gebucht. Dies kann zu Unklarheiten führen, was genau als Trinkgeld und was als Rechnungsbetrag zu betrachten ist.

   

Fiskale Trennung von Arbeitsleistung und Trinkgeld

    

Damit Trinkgelder bei Kartenzahlung steuerfrei bleiben können, muss das Kassensystem eine eindeutige fiskale Trennung zwischen der Arbeitsleistung (z. B. dem Menüpreis) und dem Trinkgeld gewährleisten. Das bedeutet, dass das Trinkgeld klar als solches gekennzeichnet und einem bestimmten Mitarbeiter zugeordnet werden muss. Nur so kann der direkte Bezug zwischen dem Kunden und dem Trinkgeldempfänger aufrechterhalten werden.

   

Nachweisbarkeit und steuerliche Anerkennung

    

Ein Problem bei der Kartenzahlung ist die Nachweisbarkeit des Trinkgeldes. Da das Trinkgeld auf das Konto des Unternehmens überwiesen wird, kann das Finanzamt die Steuerfreiheit ablehnen, wenn der direkte Bezug zum Mitarbeiter nicht eindeutig nachgewiesen werden kann. In solchen Fällen wird das Trinkgeld als Betriebseinnahme des Unternehmens betrachtet und unterliegt der Umsatzsteuer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG.

   

Empfehlungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

    

Um sicherzustellen, dass Trinkgelder bei Kartenzahlung steuerfrei bleiben, sollten Arbeitgeber ihre Kassensysteme so anpassen, dass eine klare Trennung zwischen Rechnungsbetrag und Trinkgeld möglich ist. Arbeitnehmer, die unsicher sind, ob ihr Trinkgeld bei Kartenzahlung steuerfrei bleibt, sollten das Gespräch mit ihrem Arbeitgeber suchen und gegebenenfalls auf eine Umstellung des Systems drängen.

   

Fazit

    

Trinkgelder sind in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, insbesondere wenn sie persönlich und freiwillig vom Kunden an den Arbeitnehmer gegeben werden. Bei kollektiver Verteilung oder automatischen Trinkgeldaufschlägen entfällt die Steuerfreiheit. Die zunehmende Verbreitung von Kartenzahlungen stellt eine besondere Herausforderung dar, da hier der direkte Bezug zwischen Kunde und Arbeitnehmer verloren gehen kann. Um die Steuerfreiheit des Trinkgeldes zu gewährleisten, ist eine klare fiskale Trennung zwischen Arbeitsleistung und Trinkgeld erforderlich. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher sicherstellen, dass ihre Kassensysteme diese Anforderungen erfüllen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.


Wenn Kunden sicherstellen wollen, dass ihr Trinkgeld steuerfrei bei der Bedienung ankommt, bleibt die Barzahlung die sicherste Methode. Alternativ können Betriebe ihre Kassensysteme so optimieren, dass eine eindeutige Trennung zwischen Trinkgeld und Rechnungsbetrag gewährleistet wird. Für Angestellte gilt: Wer unsicher ist, sollte mit seinem Arbeitgeber über die Handhabung sprechen, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

Optimierte Kassensysteme sind jedoch mit hohen Kosten verbunden, weshalb sie für viele kleine Unternehmen wirtschaftlich nicht tragbar sind. Daher sind sie vorwiegend in großen Systemgastronomien zu finden, wo sich die Investition eher amortisiert.

Deshalb die klare Empfehlung: Bar zahlen – sicher ist sicher!

   
        Quellen:        
  • Einkommensteuergesetz (EStG) § 3 Nr. 51
  •             
  • Umsatzsteuergesetz (UStG) § 10 Abs. 1 Satz 1
  •             
  • Fachliteratur und steuerrechtliche Kommentare zum Thema Trinkgeld und Steuerfreiheit